Vendredi, 22 Novembre
Lesekreis: Kritische Theorie. Dritte Sitzung
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Jeden Freitag um 16 Uhr
Anmeldung (wenn möglich) an: gemeinsamlesen@systemli.org
In Abgrenzung zur „traditionellen“ Theorie entwickelte Max Horkheimer
den Begriff „Kritischen Theorie“, welche wir im Lesekreis näher
kennenlernen wollen. Ganz ohne eine Tradition, kommt diese Theorie aber
auch nicht aus. Sie ist ohne das Denken der vorangegangenen bürgerlichen
Philosophen nicht denkbar. Vor allem aber die Kritik Karl Marx‘
beeinflusste die Kritische Theorie, weshalb wir in dieser Sitzung
Auszüge aus dem „Kommunistischen Manifest“, seinem populärsten Text
besprechen wollen. Ihr findet ihn hier:
https://marx-wirklich-studieren.net/wp-content/uploads/2012/11/marx-engels-manifest.pdf
Lesekreis Ankündigung:
Die Geisteswissenschaften im heutigen Betrieb der Universität zeichnen
sich mehr denn je durch konformistisches Denken aus. Wie alle anderen
Fachrichtungen erfüllen auch sie eine Funktion in der gesellschaftlichen
Arbeitsteilung und dienen der Aufrechterhaltung der bestehenden
kapitalistischen Verhältnisse. Die Universität muss als geistige
Produktivkraft ihren Nutzen für die Gesellschaft erweisen und
dementsprechend jegliches subversive Denken in die bestehende Ordnung
integrieren.
Es gibt ein Verhalten, das Theorie und Praxis
gleichermaßen umfasst und sich von diesem Denken grundlegend
unterscheidet, indem es auf die Überwindung der bestehenden Gesellschaft
zielt. Es ist dem Marxschen Imperativ, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in
denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes,
ein verächtliches Wesen ist“, verpflichtet. Die Aussichtslosigkeit einer
solchen revolutionären Veränderung der Gesellschaft in der heutigen Zeit
macht die Erhaltung dieses Denkens, das Max Horkheimer in seiner Schrift
„Traditionelle und kritische Theorie“ programmatisch festhielt, umso
dringlicher. Die Welt befindet sich in einem Zustand des verwalteten
Zerfalls, der massenmedial und akademisch als Polykrise gefasst wird.
Während Elon Musk nun regelmäßig Privatflüge ins Weltall veranstaltet,
verhungern in weiten Teilen der Welt weiterhin Kinder. Kriegerische
Auseinandersetzungen nehmen zu, Staaten fallen in sich zusammen und der
Faschismus ist weltweit auf dem Vormarsch. Der Klimawandel wird aller
Voraussicht nach in wenigen Generationen die ganze Menschheit
auslöschen. Dem durch die Kulturindustrie formierten Denken ist dieses
Ende der Menschheit heute leichter vorstellbar als ein Ende des
Kapitalismus. Diese Tatsache verpflichtet heute mehr denn je zur
kritischen Theorie, die Aufklärung über die unbewussten
gesellschaftlichen Verhältnisse verschafft. Sie folgt „in der Bildung
ihrer Kategorien und allen Phasen ihres Fortgangs ganz bewusst dem
Interesse an der vernünftigen Organisation der menschlichen Aktivität,
das aufzuhellen und zu legitimieren ihr selbst auch aufgegeben ist.“
(Horkheimer)
Der Lesekreis verfolgt das Ziel einer Einführung in das
Denken der kritischen Theorie, das im Gegensatz zum konformistischen
Denken des universitären Betriebes steht. Dafür wollen wir gemeinsam
grundlegende Texte von Karl Marx, Rosa Luxemburg, Walter Benjamin, der
kritischen Theorie um Horkheimer, Adorno und Marcuse lesen. Auch
aktuelle Bücher und andere Medien wie Podcasts, die in der Tradition
dieses Denkens stehen, sollen beleuchtet werden. Um sich eine andere
Welt als die bestehende überhaupt vorzustellen, ist es unumgänglich sich
mit historischen Versuchen der revolutionären Veränderung wie jenen in
Russland 1917, Deutschland 1918 und dem Spanischen Bürgerkrieg 1936
auseinanderzusetzen. Dadurch soll die eigene Ohnmacht angesichts der
scheinbaren Alternativlosigkeit der bestehenden Ordnung überwunden und
„etwas von der unterm gesellschaftlichen Konformitätsdruck verlorenen
Souveränität“ (Detlev Claussen) zurückgewonnen werden. Denn die Gedanken
sind frei, auch wenn es sonst gar nichts mehr ist.
Date & heure:
Catégorie:
- discussion/présentation