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Solibar mit Film + Diskussion "Die richtige Seite der Geschichte"
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FILM / DISKUSSION / SOLIBAR
„Die richtige Seite der Geschichte“
ein Film von Clemens Böckmann, Carolin Haentjes und David Scheffler
Start: 20:00 Uhr
2018 wurde publik, dass der damalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert, über Jahrzehnte eine falsche Familiengeschichte erzählt hatte. Anstatt Nachfahre von in Auschwitz verfolgter Juden und Jüdinnen zu sein, war Seiberts Großvater nicht-jüdischer Wehrmachtssoldat. In „Die richtige Seite der Geschichte“ spricht Seibert erstmals öffentlich über seine Lügen und deren Entstehung.
Inhalt:
Durch eine Recherche des Nachrichtenmagazins Der Spiegel wurde 2018 publik, dass der damalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert, über Jahrzehnte eine ausgedachte Familiengeschichte öffentlich verbreitet hatte. Er hatte behauptet, seine Großeltern seien als Jüdin und Jude von den Nationalsozialisten verfolgt und in Auschwitz inhaftiert gewesen. Diese Erzählung verband Seibert mit einer angeblichen
antifaschistischen Kontinuität in der Familie: schon sein Großvater sei als Anarchist im Spanischen Bürgerkrieg gewesen und habe sich, nach seiner Flucht von einem sogenannten Evakuierungsmarsch aus Auschwitz, der polnischen Untergrundarme angeschlossen. Dieser familiäre Hintergrund war für Seibert immer wieder Legitimationsmoment in
politischen Auseinandersetzungen und Diskussionen. Er setzte diese Geschichten ein, um seiner Position Nachdruck zu verleihen.
Tatsächlich stellte sich durch Recherchen des Spiegels und weiterer heraus, dass Seiberts Großvater sowohl Mitglied in der NSDAP als auch der Wehrmacht war. Von der für sich reklamierten Tradition der Widerständigkeit gab es in der tatsächlichen Familiengeschichte keine Spur. In Folge der Aufdeckung und des internationalen Skandals legte Seibert sein Amt als Vorsitzender der jüdischen Gemeinde ab und zog sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurück.
Dreieinhalb Jahre später spricht Seibert in „Die richtige Seite der Geschichte“ erstmals öffentlich über seine Lüge und deren Entstehung. Dabei bleibt er als Quelle unsicher. Mit dieser Unsicherheit arbeitet der Film. Er versucht nicht, den Wahrheitsgehalt von Seiberts Aussagen zu hinterfragen oder dessen Geschichte aufzuklären. Dies überlässt er den Zuschauer:innen. Der Film interessiert sich vielmehr für Methoden der Fälschung, Fiktionalisierung und Inszenierung. Hier wird Seibert zum Experten, der die Gier seines Publikums nach einer Geschichte erspürt. Der Film ist dabei selbst-reflexiv hinsichtlich seiner eigenen manipulativen Mittel. Die richtige Seite der Geschichte klärt nicht die Geschichte von Wolfgang Seibert auf. Vielmehr zeigt der Film wie Projektion, Bedürfnis und Begehren im Postnazismus sich mitunter phantastische Opfer imaginiert und er lässt Täuschung in ihrem Entstehen sichtbar werden.
https://www.planlos-leipzig.org/events/solibar-mit-film-diskussion-die-r...
Date & Time:
Category:
- film
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